Webbasierte Anwendungen für Industriesteuerung & HMI: Vorteile lokaler Weblösungen

Dieser Artikel erklärt, warum webbasierte Anwendungen nicht zwingend mit dem Internet verbunden sein müssen und welche entscheidenden Vorteile sie für lokale Industrieanwendungen bieten. Erfahren Sie, wie diese Technologie bessere Performance, zentrale Wartung und plattformübergreifende Flexibilität in Ihre Maschinensteuerung und HMI-Lösungen bringen kann.

Webbasierte Anwendungen

Hört man „Webbasierte Anwendung“, ist vermutlich die erste Assoziation „irgendwas mit Internet“. Das ist natürlich nicht falsch, schließlich lautet das erste Wort ja auch „webbasiert“. Eine webbasierte Anwendung muss aber nicht zwingend mit Internet zu tun haben. Eigentlich ist damit nur gemeint, dass sie die Anwendung die gleichen Techniken und Designprinzipien verwendet, wie eine Anwendung für das „Web“ aka Internet.

Der entscheidende Punkt ist der Anwendungsfall:

  • Soll die Anwendung öffentlich über das Internet erreichbar sein?
  • Oder ist nur intern verfügbar, z. B. für eine Maschinensteuerung oder Datenanalyse?

Es stellt sich natürlich die Frage, warum sollte man eine webbasierte Lösung z. B. für das Benutzerinterface / HMI einer Anlage oder ein internes Dashboard nutzen? Welche Vorteile bringt das? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns kurz mit Webanwendungen beschäftigen:

Was zeichnet eine webbasierte Anwendung grundsätzlich aus?

Nehmen wir als Beispiel für komplexe Internet-Anwendungen Online-Videostreamingplattformen, soziale Medien wie Instagram, individuelle Webshops oder auch die digitale Flottenverwaltung der Autokonzerne — überall hier kommen die grundsätzlichen gleichen Techniken zum Einsatz. Eine Webanwendung besteht gerade in diesen Fällen im Hintergrund aus mehr als nur der Webseite in Ihrem Browser, sondern aus Datenbanken, Webservern und vielen anderen spezialisierten Anwendungen.

Alle diese Anwendungen haben mit zwei grundsätzlichen Herausforderungen des Internets zu kämpfen:

  1. Die Datenverbindung ist mal mehr oder weniger schnell und zuverlässig.
  2. Die Webanwendung muss schier endlose Varianten von Endgeräten gleichermaßen und vor allem gleichzeitig funktionieren.

Um diese beiden grundsätzlichen Herausforderungen zu lösen, wurden entsprechende Techniken entwickelt und Designprinzipien umgesetzt. Dabei wurden viele technologische Entwicklungen von den großen Internetkonzernen vorangetrieben. Im Ergebnis zeichnet sich heute eine Webanwendung oder App dadurch aus, dass sie

  1. von einem beliebigen Endgerät unterschiedlicher Formate aus genutzt werden kann.
  2. sie mehrere Benutzer parallel bedienen kann.
  3. auf dem Endgerät des Anwenders in der Regel nur einen aktuellen Webbrowser benötigt.
  4. sehr effizient und sparsam bei der Datenübertragung ist, um die schwankende Leistung einer Internetverbindung zu meistern.

Was bringt mir das bei meiner lokalen Anwendung?

Stellt sich jetzt aber immer noch die Frage, wie gerade eine lokale Anwendung, wie zum Beispiel die Steuerung einer Anlage, von der Realisierung als webbasierte Anwendung profitiert. Warum nicht einfach das klassische HMI als installierter Fatclient auf dem Industrie-PC (IPC) direkt an der Anlage?

Wie bei allem kommt es auf den Anwendungsfall an. Für eine ganz simple Anlage, bei der keine wirkliche Datenverarbeitung statt findet, nur der gleiche Zustandsautomat abgearbeitet wird und noch nichtmal die Betriebsdaten von Interesse sind, da ist einfaches klassisches HMI auf dem IPC vermutlich vollkommen ausreichend.

Habe ich jedoch eine etwas anspruchsvollere Aufgabe zu lösen, bei der zum Beispiel die Ergebnisse eines Kamerasystems zu verarbeiten sind, regelmäßige Konfigurationsänderungen einer Sortieranlage notwendig sind oder gar einen manuellen Arbeitsplatz für die Nachbearbeitung fehlerhafter Aufträge bereitstellen muss, dann ergibt die Umsetzung als webbasierte Anwendung absolut Sinn.

Muss ich jetzt noch ggf. Daten mit einem ERP-System in meinem Unternehmensnetzwerk austauschen oder das HMI nicht nur lokal an der Maschine, sondern im Büro der Schichtleitung bereitstellen, dann geht an der Umsetzung als Webanwendung eigentlich kein Weg mehr dran vorbei. Denn was im großen Maßstab funktioniert, bietet auch im Kleinen entscheidende Vorteile und meistens in der Form von Performance, Flexibilität und Erweiterbarkeit.

Eine webbasierte Anwendung bietet hier aufgrund Ihrer technologischen Herkunft aus dem Web / Internet entscheidende Vorteile:

  1. Eine Webanwendung ist grundsätzlich darauf optimiert performant über komplexe Netzwerkstrukturen zu arbeiten und dabei selbst mit geringen Ressourcen klar zukommen. Dies hält die Grundlast im Netzwerk niedrig und erlaubt sogar die Arbeit über VPN-Tunnel zwischen verschiedenen Standorten oder im Homeoffice.
  2. Insbesondere das Benutzerfrontend wird zentral bereitgestellt und kann von einem beliebigen Endgerät über einen Webbrowser abgerufen werden. Dadurch kann ich neue Arbeitsstationen ohne großen Aufwand in Betrieb nehmen oder die Anwendung von überall — falls gewünscht — in meinem Firmennetz aufrufen.
  3. Durch die zentrale Bereitstellung entfällt ein komplexes Updatemanagement für die Endgeräte. Gibt es ein Update, muss auf den Endgeräten im Webbrowser die Seite neu geladen werden.
  4. Es wird für die verschiedenen Endgeräte nur eine Version des Frontends gepflegt — unabhängig vom Betriebssystem oder Geräteklasse (PC, Tablet, Mobiltelefon) des Anwenders.
  5. Änderungen können modular und nach Bedarf erfolgen. Einmal eingespielt, stehen sie sofort allen entsprechend berechtigten Anwendern zur Verfügung.
  6. Die Kommunikation kann sicher und verschlüsselt erfolgen und den Endgeräten stehen nur die Daten zur Verfügung, entsprechend der Berechtigung der angemeldeten Benutzer.
  7. Das Gesamtsystem ist grundsätzlich ebenfalls plattformunabhängig, kann je nach Bedarf skaliert werden und bei wachsenden Anforderungen mitgehen.
  8. Über entsprechende Schnittstellen kann ein Datenaustausch mit diversen Vor- und Nachsystemen erfolgen — je nach Fähigkeiten der involvierten Systeme

Mehr Flexibilität, weniger Wartung

Eine webbasierte Anwendung passt sich an den individuellen Bedarf an und kann mit den Aufgaben wachsen. Was heute noch auf einem einfachen IPC auf der Anlage läuft, kann später auf einen zentralen Server mit mehr Leistung und einem entsprechenden Backupkonzept umgezogen werden. Webanwendungen sind — wenn entsprechend umgesetzt — von Haus aus performante und effiziente Lösungen für verteilte Anwendungen. Ein modernes Benutzerfrontend benötigt nur einen aktuellen Webbrowser auf einem beliebigen Endgerät. Die Nutzung kann vor Ort direkt an der Anlage oder von der anderen Seite der Welt erfolgen.

Updates werden zentral eingespielt und auf den Endgeräten muss nur das entsprechende Tab im Browser neu geladen werden. Webtechnologien und Designkonzepte sind zum einen bereits jahrzehntealt, befinden sich aber in stetiger und rasanter Weiterentwicklung. Im Vergleich zu einer klassischen und vor allem statischen Softwarearchitektur, die nur vor Ort funktioniert, bietet Ihnen eine webbasierte Softwarelösung alle Möglichkeiten für die Zukunft und unmittelbar ein mehr an Flexibilität und Effizienz — auch oder gerade was die reine Softwarepflege angeht.